Seit der letzten Silvesternacht, in der es vor allem in Berlin zu Angriffen auf Einsatzkräfte kam, diskutieren Politik und Öffentlichkeit darüber, wie sich derartige Vorfälle in Zukunft vermeiden lassen. Um Angriffe auf Einsatzkräfte besser dokumentieren und verfolgen zu können, forderte die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft nun, Einsatzfahrzeuge mit sogenannten Dashcams auszustatten.

Wir wollen diese Diskussion als Anlass nehmen, den Einsatz von Dashcams einmal aus der Perspektive der derzeitigen Rechtslage zu betrachten.

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Was sind Dashcams?

Der Begriff „Dashcams“ steht im Allgemeinen für kleine Videokameras, die meist in der Nähe der Windschutzscheibe eines Autos angebracht werden, um das Verkehrsgeschehen zu filmen. Die hierbei entstehenden Aufnahmen werden vor allem zur Aufklärung von Unfällen verwendet. In einigen Ländern wird die Installation sogar mit Rabatten von Kfz-Versicherungen belohnt.

Beweissicherung vs. Datenschutz

Bei der Betrachtung der Rechtslage sind zwei verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Einerseits entschied der Bundesgerichtshof im Jahr 2018, dass Aufnahmen von Dashcams grundsätzlich als Beweismittel vor deutschen Gerichten zulässig sind. Andererseits ist damit der Einsatz von Dashcams aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht per se rechtmäßig. Im Gegenteil: Wie aus einem Positionspapier der Datenschutzkonferenz und einem FAQ der Aufsichtsbehörde in Niedersachsen hervorgeht, halten die deutschen Datenschützer den Einsatz von Dashcams nur in Ausnahmefällen für zulässig.

Problem: Rechtsgrundlage

Da beim Filmen des Verkehrsgeschehens Aufnahmen von Personen sowie anderer personenbezogener Informationen, wie z.B. Nummernschilder, erstellt werden, stellt der Einsatz von Dashcams ohne Zweifel eine Verarbeitung personenbezogener Daten i.S.d. Art. 4 Nr. 2 DSGVO dar.

Wie jede andere Verarbeitung personenbezogener Daten muss daher auch der Einsatz einer Dashcam von einer datenschutzrechtlichen Rechtsgrundlage gedeckt sein. In Betracht kommt hierbei vor allem die Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DSGVO. Hiernach ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten zulässig, wenn diese zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist und die Interessen oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, nicht überwiegen. Einfach gesagt bedeutet das, dass der Einsatz einer Dashcam nur dann zulässig ist, wenn das Interesse desjenigen, der die Kamera einsetzt, höher ist als das Interesses desjenigen, dessen personenbezogene Daten durch die Dashcam verarbeitet werden.

Nach Ansicht der deutschen Aufsichtsbehörden überwiegen bei einer dauerhaften und anlasslosen Aufzeichnung die Interessen der überwiegend unbeteiligten Verkehrsteilnehmer. Zudem sei diese Art der Aufzeichnung nicht notwendig, um mögliche Beweise zu sichern. Demnach könne nur eine kurzzeitige und anlassbezogene Aufzeichnung rechtmäßig sein. Laut dem FAQ der Datenschutzbehörde Niedersachsen liegt eine anlassbezogene Aufnahme dann vor, wenn die Aufnahme zeitlich mit einem auslösenden Ereignis, wie z.B. einem Unfall, in Verbindung steht. Auch eine anlassunabhängige Vorabaufzeichnung von bis zu 30 Sekunden ist laut der niedersächsischen Behörde in einem solchen Fall rechtmäßig. Werden die getätigten Aufnahmen nicht verwendet, sind diese allerdings unverzüglich zu löschen.

Problem: Informationspflicht

Eine weitere datenschutzrechtliche Anforderung, die dem Einsatz von Dashcams entgegenstehen kann, ist die Informationspflicht der Art. 13 und 14 DSGVO. Danach sind der betroffenen Person vor Beginn einer Datenverarbeitung bestimmte Informationen, z.B. der Zweck der Datenverarbeitung, die Rechtsgrundlage oder auch die Speicherdauer, mitzuteilen. Im lebendigen Straßenverkehr stellt die vollumfängliche Information aller betroffenen Verkehrsteilnehmer natürlich eine Herausforderung dar.

Die niedersächsische Aufsichtsbehörde erachtet es daher als ausreichend, wenn auf dem Fahrzeug der Name des für die Datenverarbeitung Verantwortlichen, ein Symbol als Hinweis auf eine Videoüberwachung sowie eine einfache Internetadresse, unter der die vollständigen Pflichtinformationen abgerufen werden können, abgebildet sind.

Fazit

Zwar hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2018 entschieden, dass Dashcam-Aufnahmen vor Gericht als Beweismittel verwendet werden können. Die Verlautbarungen der deutschen Aufsichtsbehörden zeigen jedoch, dass der Einsatz von Dashcams aus datenschutzrechtlicher Perspektive nur in wenigen Ausnahmefällen gerechtfertigt ist. Werden Einsatzfahrzeuge angegriffen oder steht ein Angriff unmittelbar bevor und weisen die Fahrzeuge auf einen möglichen Dashcam-Einsatz hin, liegt der Einsatz jedoch im Rahmen des rechtlich Möglichen. Ob und inwiefern die Politik der Forderung nach Dashcams in Einsatzfahrzeugen nachkommt, bleibt jedoch abzuwarten.

 

Simeon Boltjes, LL.M. ist Wirtschaftsjurist und Legal Consultant bei der Datenschutzkanzlei.